05. Juli 2024

Fokus Afrika: das Superwahljahr 2024

2024 ist Superwahljahr auf dem afrikanischen Kontinent. Zahlreiche Präsidenten und Parlamente werden neu gewählt.  Ein Grund einen genaueren Blick auf Europas Nachbarkontinent zu werfen.

Präsidentschaftswahlen fanden bereits statt im Kongo, auf den Komoren, im Senegal, Mauretanien und im Tschad, wobei hier zusätzlich das Parlament neu gewählt wurde. In Togo, Madagascar, Südafrika und Algerien fanden Parlamentswahlen statt.

Weitere Präsidentschafts-/ sowie Parlamentswahlen sollen im Laufe  dieses Jahres in Ruanda (Juli), Algerien (September), Mozambik (Oktober), Botswana (Oktober), Somalia (November), Tunesien (Oktober), Mauritius (November), Guinée-Bissau und Ghana (Dezember) stattfinden.

Verschoben wurden ursprünglich angekündigte Wahlen in Mali, Malawi, Burkina Faso

Nachfolgend ein Bericht zu den Wahlen im Kongo.

 

Die Demokratische Republik Kongo nach den Präsidentschaftswahlen

Am 20. Dezember 2024 fanden im Kongo Wahlen statt. Der amtierende Präsident Félix Tshisekedi gewann mit 73 % der Stimmen. Moïse Katumbi kam mit 18 % auf den zweiten Platz und Martin Fayulu mit 5 % auf den dritten Platz. Der Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege erhielt weniger als 1 %. Von einer Bevölkerung von knapp 100 Millionen waren 44 Millionen wahlberechtigt. Die Wahlbeteiligung lag bei über 40 %. Belgien sandte nur eine halbe Stunde nach der Veröffentlichung der Ergebnisse eine Glückwunschbotschaft nach Kinshasa und setzte damit ein Zeichen der Anerkennung des Wahlergebnisses.
Bereits die Wahlen Ende 2018 waren von erheblichen Unregelmäßigkeiten geprägt. Die Wahlbeobachter der kongolesischen katholischen Kirche sprachen von einer Katastrophe. Dennoch markierte die Ernennung von Tshisekedi zu Beginn des Jahres 2019 den ersten gewaltfreien Präsidentenwechsel in der Geschichte des Landes.
Auch die aktuellen Wahlen fanden unter schwierigen Umständen statt. Sie wurden von Anfang an von Kabila (Präsident von 2001 – 2019) und seinen Anhängern boykottiert. Am Wahltag herrschten zum Teil chaotische Zustände: Wahlhelfer waren nicht vor Ort, Wahlunterlagen kamen nicht rechtzeitig an und die Listen der registrierten Wähler waren unvollständig. Es kam zu stundenlangen Wartezeiten. Und einige der 75.000 Wahllokale konnten erst mit mehrtägiger Verspätung öffnen, so dass die Stimmabgabe bis zu einer Woche nach dem regulären Termin erfolgte, was eigentlich verfassungswidrig ist. So kam es auch bei dieser Wahl zu Protesten und Demonstrationen all derer, die verloren haben. Unabhängige Wahlbeobachter kamen jedoch zu dem Schluss, dass der Sieg von Tshisekedi mit 73 % trotz aller Kritik nicht in Frage zu stellen war und er wurde im Januar 2024 erneut zum Präsidenten ernannt.
Felix Tshisekedi wurde 1963 als Sohn von Etienne Tshisekedi geboren, lange Zeit der wichtigste Oppositionsführer des Landes. In den frühen 1980er Jahren musste er seinem Vater in den Hausarrest folgen. Ab 1984 lebte er im belgischen Exil, wo er in der oppositionellen UDPS (Union pour la Democratie et le Progres Sociale) aktiv war. Im Jahr 2008 wurde er Sekretär für Außenbeziehungen der UDPS und 2016 stellvertretender Generalsekretär der Partei. Im Jahr 2018 wurde er als Parteivorsitzender und Präsidentschaftskandidat aufgestellt. Er gewann die Wahl und wurde 2019 zum Präsidenten ernannt.
Die Herausforderungen für seine zweite (und laut Verfassung letzte) Amtszeit sind vielfältig und kaum zu bewältigen. Seine Partei verfügt über 69 der 500 Sitze im neu gewählten Parlament. Weitere 140 Sitze sind ihm fest zugewiesen. Eine Mehrheit ist damit jedoch nicht gesichert.
Die anhaltenden blutigen Auseinandersetzungen im Osten des Landes sind die größte Bewährungsprobe für den wiedergewählten Präsidenten. Es ist die Rede von bis zu 130 verschiedenen „Kriegsparteien“, und der Konflikt hat bereits 5-6 Millionen Binnenflüchtlinge zur Folge. Die nationale Armee ist in keiner Weise Herr der Lage, und die Monusco (Mission der Vereinten Nationen für den Kongo) bereitet sich darauf vor, das Land endgültig zu verlassen. Der illegale Bergbau und der Verkauf der reichlich vorhandenen Bodenschätze sind ein großes Problem, da sie die Finanzierung der verschiedenen Konfliktparteien sicherstellen und somit eine Weiterführung der Kämpfe ermöglichen. Die Unruhen führen auch zu erheblichen Spannungen mit den Nachbarländern Uganda und Ruanda im Osten.
Tshisekedi wurde auch aufgrund seiner sozialen Versprechen, wie der kostenlosen Grundschulbildung, wiedergewählt. Jetzt wird er aufgefordert, diese Versprechen einzuhalten, aber die Finanzierung wird schwierig sein. Ein Viertel der Bevölkerung ist zudem von einer Hungersnot bedroht, die durch den Krieg in der Ukraine, der die Einfuhr von Weizen eingeschränkt hat, noch verschärft. Gleichzeitig muss er die weit verbreitete Korruption bekämpfen und der Habgier der Abgeordneten Einhalt gebieten, die ihre monatlichen Bezüge von 21.000 auf 30.000 US-Dollar erhöhen wollen.
Nicht zuletzt bekommt auch der Kongo die Auswirkungen des Klimawandels und die Zerstörung seiner Umwelt zu spüren. So kam es im Januar 2024 zu schweren Überschwemmungen im Kongo-Delta, die über 300 Menschenleben forderten. Der Regenwald im Kongobecken, einer der größten weltweit, ist stark durch Brandrodung und massiven Bergbau bedroht. Letzterer führt auch dazu, dass giftige Abwässer in die Flüsse geraten und die Ökosysteme gefährden. Und allein in der Hauptstadt Kinshasa fallen täglich rund 7.000 Tonnen Plastikmüll an, die nicht beseitigt werden können.
Die Schwierigkeiten vor denen die DR Kongo steht, sind vielfältig und kaum zu überwinden. Es scheint nicht viel Grund zur Hoffnung für das von Armut und Konflikten geplagte Land zu geben. Wird es Präsident Tshisekedi gelingen, die Herausforderungen zu meistern?